Integrierter Bachelorabschluss im Jura-Studium?

Umfragen des Bundesverbands für Fachschaften e.V. haben ergeben, dass sich der Großteil der Absolvent*innen der Rechtswissenschaften eine Reform des Studienaufbaus wünschen. Besonders die Einführung eines integrierten Abschlusses nach der Erbringung bestimmter Studienleistungen innerhalb des Studiums befürworteten beinahe alle Befragten. Diesen bieten einige wenige Universitäten in Form eines „Bachelor of Law“ an (Hamburg, Wiesbaden, Frankfurt an der Oder, Hagen, Berlin und Potsdam). Dieser wird aktuell nur in speziellen Rechtsgebieten, wie Steuerrecht, Staatswissenschaft oder Wirtschaftsrecht angeboten. Mit einer Überarbeitung des Studienfachs der Rechtswissenschaften in Form einer Integration eines Bachelor-Abschlusses, nachdem sich die Studierenden sehnen, gehen allerdings Vor- und Nachteile einher.

Vorteilhaft ist sicherlich, dass die erbrachten Leistungen im Studium bis zum Staatsexamen in einem Abschluss wertgeschätzt werden und Studierende bei einem Nichtbestehen des Staatsexamens auf diesen zurückfallen können. Diese Gewissheit würde den Leistungsdruck, dem Studierende der Rechtswissenschaft ausgesetzt sind, meiner Meinung nach deutlich verringern. Ich bin außerdem überzeugt, dass ein integrierter Bachelorabschluss Studierende der Rechtswissenschaft zusätzlich für ihr Erstes Juristisches Staatsexamen motiviert.

Außerdem werden Bachelor-Studiengänge durch Agenturen (ACQUIN, FIBAA) auf ihre Studierbarkeit überprüft und akkreditiert. Würde auch das Studium der Rechtswissenschaft einer solchen Akkreditierung unterzogen werden, würden sich sicherlich viele Studierende in ihren Bedenken bezüglich der Studierbarkeit ihres Faches gehört werden.

Des Weiteren würde die Studienzeit verringert, sodass ein früher Einstieg in das juristische Berufsleben und eine flexible Karriereplanung möglich gemacht wird. Bachelor Abschlüsse werden international anerkannt (ECTS-System) und es ist möglich, gegebenenfalls sogar förderlich, zunächst einige Jahre (womöglich auch im Ausland) im Beruf tätig zu sein und sich anschließend für einen (womöglich fachlich unterschiedlichen) Master-Studiengang zu entscheiden. Mit einem integrierten Bachelorabschluss könnten außerdem Berufe ergriffen werden, die nicht mit volljuristischen Berufen konkurrieren. Ein integrierter Abschluss würde den juristischen Werdegang eines Studierenden jedenfalls flexibler und vielfältiger gestalten.

Allerdings könnte der streng getaktete Stundenplan, der mit einem integrierten Bachelorabschluss einhergehen würde, den Studiengang der Rechtswissenschaft verschulen. Somit könnten Fähigkeiten, die das reguläre Studium ausbilden soll, wie selbstständiges Denken und eigenverantwortliches Entscheidungen treffen, unter dieser Verschulung leiden. Auch ein Bachelor Studium erzeugt einen „bachelor-typischen Zwang im Studium“, unter gewissem Zeitdruck Leistungen zu erbringen. Dieser ist jedoch geringer als für die Vorbereitung auf das Staatsexamen.

Es wäre außerdem möglich, dass mit der Integration eines integrierten Bachelorabschlusses in der Rechtswissenschaft das erste staatliche Examen abgewertet würde. Das Erste juristische Staatsexamen soll allerdings in keiner Weise abgeschafft oder ersetzt werden, viel eher soll der bewährte Abschluss des juristischen Staatsexamens sinnvoll ergänzt werden.

Argumentiert wird weiterhin, dass ein Bachelor of Laws nur eine „Scheinberufsqualifizierung“ darstelle und das Berufsleben tatsächlich bis zu einem gewissen Grad beschränkt, über den nicht mehr hinauszugehen ist. Die aktuellen „Bachelor of Law“- Abschlüsse im Steuer-, Wirtschafts-, oder Staatsrecht werden allerdings auch auf dem Arbeitsmarkt ernst genommen. Ich kann mir vorstellen, dass mit einer Einführung des Bachelor Abschlusses und einer gewissen Zeit der Gewöhnung an diesen Abschlusses im Berufsleben, der integrierte Bachelor, als Zeichen der erbrachten Leistungen im Studium der Rechtswissenschaft, wertgeschätzt wird.

Aus diesen Gründe halte ich einen integrierten Abschluss im Jura-Studium für sehr sinnvoll. Denn betrachtet man die Zufriedenheit der Jurastudierenden, so scheint eine Reformation des Studienaufbaus überfällig zu sein.

Ein Beitrag von Leah Feyh.

Erstellt am 08.10.2021

Durch einen integrierten Bachelor würde der Druck deutlich gesenkt werden und man hätte (noch) mehr Spaß am Jurastudium. Man hört oft aus dem näheren Umfeld, dass bald der Bachelor ansteht und dies der erste wichtige Grundstein für eine Karriere sei, ob der Master noch gemacht wird, spielt erstmal keine Rolle, da man mit dem Bachelor bereits einen wichtigen Abschluss hat und dies bereits nach ca. 3 Jahren (Regelstudienzeit). Das Staatsexamen ist im gesamten Grundstudium jedoch noch so weit entfernt und dennoch vergeht so gut wie kein Gespräch, indem es nicht einmal Thema wird. Bereits in den ersten Semestern bekommt man von den Professoren zu hören, dass der zu lernende Stoff ,,sehr examensrelevant“ sei. Das Staatsexamen ist also das Thema Nummer eins um das es geht. Meiner Meinung nach ist es illegitim, dass man als Jurastudent 7-8 Jahre (Regelstudienzeit) studieren kann und trotzdem im Härtefall ohne Abschluss schlichtweg leer ausgeht. Meine Gedanken kreisen häufig um diese Angst am Ende mit ca. 28 Jahren nur mit Abitur dazustehen, während meine Freunde, welche seit mehreren Jahren gutes Geld in ihrem langjährigen Beruf verdienen, anfangen in höhere Position aufzusteigen oder mit ihrem gesammelten Kapital Häuser bauen. Ich kann nicht begreifen, warum es uns Jurastudenten so schwergemacht wird und es praktisch um Alles oder Nichts geht. Ich kann sehr gut nachvollziehen, wenn es anderen Bewerbern zu riskant ist, mehrere Lebensjahre zu opfern und am Ende ohne Alles dazustehen. Durch einen integrierten Bachelor hätte man immerhin etwas, auf das man zurückgreifen kann. Dies würde uns Jurastudenten nach meiner Ansicht sehr viel Druck nehmen. Gerade für Studenten, die wenig bis keine finanzielle Unterstützung bekommen, ist es schwer, das lernintensive Studium und Arbeit unter einen Hut zu bekommen. Die Examensvorbereitung dauert üblicherweise mindestens ein Jahr. Wenn man sich überlegt, dass man in diesem Jahr den Stoff aus dem gesamten Studium wiederholen und teilweise neuerarbeiten muss, um am Ende 6 Klausuren in ca. 2-3 Wochen (ohne Abschichten) zu schreiben, scheint dies aussichtslos. Dies würde man mithilfe von E-Klausuren oder mindestens größeren Abständen zwischen den einzelnen Prüfungen minimieren können. Besonders die mündliche Prüfung, welche üblicherweise drei Rechtsgebiete an einem Tag abprüft, scheint mir völlig unbegründet. Viel besser wäre es, wenn man für jede mündliche Prüfung einen einzelnen Tag und längere Vorbereitung hätte. Letztlich wollen wir alle gute Juristen werden, um für einen gerechten Rechtsstaat zu sorgen. Warum uns allerdings der Weg dorthin so erschwert wird, begreife ich bis heute nicht.

Ein Beitrag von Antonia Tabea Hoff.

Erstellt am 08.10.2021

Der größte Vorteil eines integrierten Bachelorabschlusses ist die deutliche Senkung des Leistungsdrucks.

Bereits in den Anfängen des Jurastudiums wird man von ehemaligen Kommilitonen oder Professoren dazu gedrillt „sich alles zu merken und so viele Klausuren mit Bestnote zu schreiben, um für das Examen in Bestform und Glanzleistung vorbereitet zu sein“. Durchläuft man jedoch die juristische Ausbildung, wird einem schnell klar, dass keine der erbrachten Leistungen in die Note des Staatsexamens miteinfließt. Bedeutet: Jegliche examensrelevanten Prüfungen, Haus- und Seminararbeiten, Vorbereitungsseminare, Schwerpunktseminare, Praktika etc., die zeitaufwändig sind und die jahrelanges, ununterbrochenes Lernen erfordern, wobei der Leistungsdruck immens hoch ist, sind unbeachtlich. Alles, was am Ende zählt, sind die in den circa drei Wochen erbrachten Leistungen im Staatsexamen. Im Grunde genommen kann man dagegen argumentieren, dass das die zu erfüllenden Bedingungen sind, um überhaupt das Staatsexamen schreiben zu können. Das stellt auch keiner in Frage. Es wird nur dann problematisch, wenn man das Staatsexamen endgültig nicht besteht. Dann erkennt man plötzlich, wie schwer die Last eigentlich zu tragen ist, weil einem erst richtig bewusst wird, dass alle Leistungen und Creditpoints nun bedeutungslos sind. Es bleibt nur die bittere Tatsache zu akzeptieren, dass man nach (realistischen) 11-12 Semestern kein Abschluss vorzuweisen hat. Und nun? Umdenken oder im Ausland das Jurastudium nochmal versuchen, da es in Deutschland nicht mehr möglich ist.

Wenn das Bachelor-System aber im Jurastudium eingebaut wird, werden die erbrachten Leistungen an Bedeutung gewinnen. Man steht dann nach einem gescheiterten Staatsexamen nicht ohne einen Abschluss dar, sondern man hätte etwas in der Tasche und könnte selbst nach einer solchen Niederlage immer noch außerhalb der juristischen Kernberufe beruflich erfolgreich sein.

Meines Erachtens nach habe ich keine Nachteile gefunden und selbst, wenn es Nachteile geben würde, sind diese im Verhältnis zur bitteren Realität deutlich geringer. Das Nichtbestehen des Staatsexamens nach langjähriger Ausbildung führt letztendlich dazu, dass man keinen Abschluss hat und deutschlandweit für das Jurastudium exmatrikuliert wird. Das ist die bittere Realität, weswegen ein integrierter Bachelorabschluss sehr relevant und von hoher Bedarf ist.

Ein Beitrag von Christvie Yenge.

Erstellt am 08.10.2021

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Leah Feyh

Leah Feyh

stud.jur. Uni Köln
Antonia Tabea Hoff

Antonia Tabea Hoff

stud.jur. Uni Köln
Christvie Yenge

Christvie Yenge

stud.jur. Uni Köln