BGH spricht Schadensersatzansprüche bei Beschädigung einer angrenzenden Außenwand zu
Der Bundesgerichtshof hat im Urteil V ZR 55/15 vom 18.12.2015 die Revision der Beklagten gegen ein den Kläger begünstigendes Urteil, in dem ihm Schadensersatz in Höhe von 8.560,50 € zugesprochen wurde, zurückgewiesen.
Was war passiert?
Durch einen Gebäudeabriss wurde eine auf dem Nachbargrundstück errichtete Grenzwand beschädigt. An dieser Wand errichteten die Rechtsvorgänger der Beklagten einen Anbau ohne eigene Grenzwand. Die Abrissarbeiten wurden im Jahr 2009 durch ein Fachunternehmen ausgeführt, ohne dabei die Bodenplatte zu entfernen. Dem Kläger entstanden dadurch Putz- und Mauerschäden in dem Teilbereich der Außenwand, sowie Feuchtigkeitsschäden im Keller. Der Kläger verlangte von der Beklagten Ersatz dieser Schäden.
Das Landgericht Arnsberg (Urteil vom 03.04.2015 – I-2 O 633/12) hat die Klage auf Zahlung in Höhe von 10.600 € abgewiesen.
Das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 12.02.2015 – I-5 U 68/14) hat auf die Berufung des Klägers der Klage in Höhe von 8.560,50 € nebst Zinsen stattgegeben und vorgerichtliche Anwaltskosten in entsprechender Höhe zugesprochen.
Was hat der Bundesgerichtshof entschieden?
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen, mit folgender zusammengefasster Begründung:
1. Für eine nach dem Abriss erforderliche Außenisolierung des Nachbargebäudes ist der Eigentümer der Grenzwand nicht verantwortlich. Da eine Grenzwand die Grenze nicht überschreitet, ist sie keine Grenzanlage im Sinne der §§ 921, 922 BGB. Somit ist der Eigentümer nicht gemäß § 922 Satz 3 BGB verpflichtet, die Funktionsfähigkeit der Grenzwand zu erhalten.
2. Jeder Grundstückseigentümer ist somit für seine Wand verantwortlich, wenn zwei parallel verlaufende Grenzwände errichtet worden sind.
3. Zur Ersatzpflicht für die entstandenen Putz- und Mauerschäden: Ein beauftragtes Abrissunternehmen ist kein Verrichtungsgehilfe im Sinne des § 831 Abs. 1 BGB.
4. Zwar dürfen die Beklagten den Anbau abreißen, allerdings durfte dabei nicht das Eigentum des Klägers dauerhaft beschädigt werden, selbst wenn es sich um eine unvermeidliche Folge des Abrisses handelt.
5. Infolgedessen kann der Kläger gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen, wenn das Eigentum des Klägers beschädigt wird. Dann muss der Kläger wirtschaftlich möglichst so gestellt werden, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde. Der Kläger kann verlangen, dass die Wand als funktionsfähige Außenwand wiederhergestellt wird.
6. Zu den Feuchtigkeitsschäden: Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2 Satz. 2 BGB analog ist gegeben, wenn der Kläger hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen.
Erstellt am 08.10.2019
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Rechtsanwalt Dr. Martin Riemer
Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht