Überblick private Krankenversicherung
Die private Krankenversicherung (PKV) ist in Deutschland die Alternative zur gesetzlichen Krankenkasse (GKV).
Es gibt bestimmte Voraussetzungen, die man zum Beitritt in eine solche private Krankenversicherung erfüllen muss, dafür bietet sie andere (meist umfangreichere) Leistungen und ein anderes Beitragssystem als ihr gesetzliches Gegenstück.
Neben der privaten Vollversicherung gibt es zudem auch Zusatzversicherungen, die sowohl privat als auch gesetzlich Versicherte abschließen können.
Aufgrund der in Deutschland herrschenden Krankenversicherungspflicht ist zunächst jeder in der gesetzlichen Krankenkasse zu versichern. Von dieser Pflicht kann man sich aber, wenn man bestimmte Kriterien erfüllt, befreien lassen und sich stattdessen privat krankenversichern. Rund 11 % der Menschen in Deutschland nehmen diese Möglichkeit zurzeit wahr und haben eine private Krankenversicherung.
Voraussetzungen private Vollversicherung
Die private Krankenversicherung ist nicht allen zugänglich. Ob man beitreten kann, hängt viel mehr von Faktoren wie Beruf und Einkommen ab. Für folgende Gruppen kommt ein Beitritt in Betracht:
1. Selbstständige und Freiberufler
Selbstständige und Freiberufler können sich freiwillig und vom Einkommen unabhängig von der gesetzlichen Versicherungspflicht befreien lassen und eine private Krankenversicherung abschließen.
2. Arbeitnehmer und Angestellte
Grundsätzlich sind Arbeitnehmer und Angestellte gesetzlich krankenversichert. Sie können sich aber, wenn ihr jährliches Einkommen über der sog. Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt, von dieser Versicherungspflicht befreien lassen und eine private Krankenversicherung abschließen. 2017 liegt der Verdienst, den ein interessierter Arbeitnehmer ein Jahr lang erhalten haben muss bei 56.700 Euro Bruttojahresgehalt. Auch regelmäßige Leistungen, wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind hier anrechenbar.
Ab dieser Einkommensgrenze kann eine private Krankenversicherung auch attraktiv werden, da sich die Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherung am Gehalt orientieren, also mit steigendem Verdienst höher werden. Die private Krankenversicherung hingegen macht ihre Beiträge von anderen Faktoren abhängig, weshalb diese Versicherungsform bei Bezug eines hohen Gehalts wesentlich günstiger ausfallen kann.
Vor einem Wechsel von der gesetzlichen zur privaten Krankenversicherung sollte jedoch beachtet werden, dass ein Wiedereintritt in die gesetzliche Krankenkasse häufig nicht ohne Weiteres möglich ist, ab einem Alter von 55 scheidet sie sogar ganz aus.
Für Berufseinsteiger gibt es eine Sonderregelung: Sie dürfen sich, wenn ihr zukünftiges Jahresgehalt über der Jahreseinkommensgrenze liegt sofort privat krankenversichern und müssen dieses Gehalt nicht erst noch ein Jahr lang erhalten haben.
3. Beamte und Richter
Beamte und Richter können sich zwischen der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung entscheiden. Sie erhalten von ihrem Dienstherrn eine Beihilfe von mindestens 50 % der Krankheitskosten und müssen die andere Hälfte mithilfe einer Krankenversicherung abdecken. Dieser Beihilfeanspruch führt dazu, dass die privaten Krankenversicherungen besonders günstige Beamtentarife anbieten. Die allermeisten Beamten entscheiden sich folglich für die private Versicherungsform, da sie bei der gesetzlichen Krankenversicherung den vollen Beitrag (also auch den Arbeitgeberanteil) zahlen müssten, bei der privaten hingegen nur den vergünstigten Tarif.
4. Kinder
In der privaten Krankenversicherung gibt es keine Familienversicherung, die mit der der gesetzlichen Krankenkassen vergleichbar wäre. Für jedes privat versicherte Kind fällt auch ein eigener Beitrag an, dessen Höhe je nach Leistungen variiert.
Grundsätzlich kann man Kinder unabhängig von der Versicherung der Eltern entweder privat oder gesetzlich versichern (es gibt auch Unternehmen die Kinder alleine versichern), der Beitritt eines Kindes zur gesetzlichen Krankenkasse ist jedoch nicht möglich, wenn beide Elternteile privat versichert sind. Sind die Elternteile unterschiedlich versichert, also einer privat und einer gesetzlich, wird das Kind bei der Versicherung des Elternteils mit dem höheren Einkommen (mit)versichert.
Falls Eltern schon mindestens 3 Monate bei einer privaten Versicherung versichert sind und ihr Kind bis spätestens 2 Monate nach der Geburt bei dem gleichen Unternehmen versichern, ist dies ohne die sonst nötige Gesundheitsprüfung möglich.
5. Studenten
Studenten können sich zu Beginn ihres Studiums für eine der Versicherungsvarianten entscheiden. Diese müssen sie dann aber grundsätzlich über ihr gesamtes Studium beibehalten. Die meisten Studenten entscheiden sich hier für einen Verbleib in der gesetzlichen Krankenkasse, da sie dort häufig bis zu einem Alter von 25 Jahren kostenfrei bei ihren Eltern mitversichert bleiben können.
Kosten und Leistungen
Die Beiträge (auch Prämien genannt) für die private Krankenversicherung errechnen sich nach dem sog. individuellen Risiko. Das bedeutet, dass Faktoren wie Beitrittsalter, Gesundheitszustand vor Vertragsbeginn, Berufsgruppe und natürlich die gewählten Leistungen bzw. Tarife, bei der Beitragsberechnung ausschlaggebend sind.
Bei bekannten Vorerkrankungen oder einem erhöhten Krankheitsrisiko kann zudem ein Risikozuschlag oder ein Leistungsausschluss vereinbart werden. Die Ausnahme hierzu bildet der sog. Basistarif, für den eine Aufnahmepflicht der Krankenversicherung besteht.
Zusätzlich zu den erwarteten aktuellen Gesundheitskosten werden bei der privaten Krankenversicherung zudem Altersrückstellungen gebildet, um für die im Alter steigenden Gesundheitskosten vorzusorgen und einen rasanten Beitragsanstieg im hohen Alter zu vermeiden bzw. abzufedern. Dafür wird für jeden Monat ein etwas höherer Beitrag als eigentlich nötig angesetzt, die Differenz wird für später angelegt. Bei einem Wechsel zu einer anderen privaten Krankenversicherung kann es bei der Mitnahme dieser Altersrücklagen häufig Probleme geben, informieren Sie sich in dieser Hinsicht als intensiv oder lassen Sie sich beraten, bevor Sie die Versicherung wechseln. Bei einem Wechsel zwischen verschiedenen Tarifen derselben Versicherungsgesellschaft treten in der Regel keine Probleme auf.
Es gibt normalerweise verschiedene Versicherungstarife, zwischen denen ein Interessent bei einem Eintritt in die private Krankenversicherung wählen kann.
Zunächst gibt es den Basistarif. Diesen muss seit 2009 jede Krankenversicherung anbieten. Es handelt sich dabei um einen branchenweit einheitlichen Tarif aller privaten Krankenversicherungen, der ein Grundabsicherung gewährleisten soll.
Der Basistarif bietet weitgehend Leistungen, die den Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkasse entsprechen. Auch der zu zahlende Beitrag darf nicht höher sein, als der Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung. Falls eine Hilfsbedürftigkeit im Sinne des § 152 Abs. 4 VAG vorliegt oder durch die Beitragszahlung entstehen würde, wird der Beitrag zudem um die Hälfte reduziert.
Der Basistarif ist im Gegensatz zu anderen Tarifen der privaten Krankenversicherungen festgelegt und darf keine Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse beinhalten. Ebenso sind aber Wahlmöglichkeiten für den Versicherten ausgeschlossen.
Zu beachten ist zudem, dass der Basisvertrag durch die Versicherung grundsätzlich nicht kündbar ist.
Als nächstes gibt es die sog. Kompakttarife der Versicherungen. Diese enthalten feste Leistungen in den Bereichen ambulante und stationäre Versorgung und Zahnmedizin, und sind nur eingeschränkt durch Auswahloptionen zu ergänzen. Flexibel anpassbar ist allerdings meist die Höhe der Selbstbeteiligung in den drei verschiedenen Bereichen. Vorteil dieser Tarife ist, dass sie häufig recht günstig sind. Es ist zudem möglich, verschiedene Zusatzversicherungen zum Kompakttarif abzuschließen, um diesen zu ergänzen.
Des Weiteren gibt es die Modultarife. Hier kann der Versicherte weitgehend frei über Leistungsumfang und andere Konditionen, wie Selbstbeteiligung entscheiden und verschiedene Module miteinander kombinieren. Die Basis dieser Tarife bilden Module über die ambulante, stationäre und zahnmedizinische Versorgung, sowie beispielsweise eine Krankentagegeldversicherung. Die zu zahlenden Beiträge hängen hier ganz von den gewählten Leistungen ab.
Zusatzversicherungen
Die zum Großteil sowohl von gesetzlich, als auch privat Versicherten abschließbaren privaten Krankenzusatzversicherungen sollen die im normalen Versicherungsschutz nicht enthaltenen, zusätzliche Risiken und gewünschten Leistungen absichern.
Prominente Beispiele sind die Zahnzusatzversicherungen oder stationäre Wahlleistungen, die beispielweise dafür sorgen, dass ein Betroffener einen teureren Zahnersatz erhält oder bei einem etwaigen Krankenhausaufenthalt ein Ein- oder Zweibettzimmer bekommt.
Im Jahr 2014 gab es in Deutschland ca. 24 Millionen private Krankenzusatzversicherungen, wobei diese Zahl aufgrund der immer höheren Beliebtheit der Zusatzversicherungen bis zum heutigen Tag noch weiter angestiegen sein dürfte.
Viele Zusatzversicherungen gibt es speziell ergänzend zum begrenzten Versicherungsschutz der gesetzlichen Krankenkasse. Privat Versicherte haben diese Leistungen meist in ihrer normalen Versicherung enthalten und benötigen deshalb keine zusätzliche Absicherung.
Zu diesen speziellen Zusatzversicherungen zählen vor allem die zuvor genannten Zahnzusatzversicherungen und stationären Wahlleistungen, sowie ambulante Zusatztarife, die beispielsweise Zuschüsse zu Medikamenten, Brillen, Hörgeräten oder auch Vorsorgeuntersuchungen gewähren.
Von beiden Versicherungsgruppen in etwa im gleichen Maße beansprucht werden die Auslandskrankenversicherungen, Krankenhaustagegeldversicherungen und Pflege-Zusatzversicherungen.
Überwiegend, aber nicht ausschließlich von privaten Versicherungsnehmern in Anspruch genommen, wird die sog. Krankentagegeldversicherung, die Ersatz für den Verdienstausfall im Krankheitsfall leistet. In der gesetzlichen Krankenversicherung ist ein solcher Schutz in begrenzter Form bereits enthalten, weshalb diese Zusatzversicherung vor allem für privat versicherte Menschen interessant und mitunter auch sehr wichtig ist.
Das größte Wachstum ist in den letzten Jahren bei der privaten Pflege-Zusatzversicherung zu beobachten. Grund ist, dass die gesetzliche Pflegepflichtversicherung nur einen Teil der Kosten deckt und viele Menschen sich für den Fall einer Pflegebedürftigkeit auch im Hinblick aufs Alter, besonders absichern wollen.
Erstellt am 08.10.2019
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Rechtsanwalt Dr. Martin Riemer
Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht